Freitag, 21. September 2012

1000 Feuer


Titel:  1000 Feuer

Herausgeber:Gelsenkirchen(Einzelperson)
Erscheinungsdatum:2012
Seiten:60,s-w
Preis:2,-
Eigentlich ist es ja schon eigenartig, dass so eine riesige Fangemeinde, wie die des FC Schalke 04, nur noch wenig bekannte Fanzines hat. Auf Anhieb fallen mir nur das als Fan-Magazin kategorisierte „Schalke Unser“ der Fan-Ini, "Blaues Blut" und Marcs Groundhopping-Heft „Delly Belly“ ein. Kirsche, einer der Capi der Ultras Gelsenkirchen, bringt seit Dezember 2011 nun seine ganz eigene Kreation aus der Stadt der 1000 Feuer heraus, das dann auch gleich mal diesen berühmten Beinamen Gelsenkirchens abbekam. In einfachster S/W-Konzeption wird ein vom Autor "zusammengewürfelter Mix, samt Layout mit Kleber und Schere" zusammengeschmissen und durch den Kopierer gezogen. Ein gruppenunabhängiges Heft, das auch gut und gerne bereits 20 Jahre auf dem Buckel haben könnte.
Die leichte Überbetonung des "auf oldschool machen" wirkt fast schon wieder zu gekünzelt, doch letztlich ist mir so ein von Einzelpersonen gestricktes Fanzine inzwischen lieber, als die glänzenden und (semi-)professionellen Glanzlektüren, die allseits im Gruppenjargon hantieren. Die Eindrücke, gerade von den Schalke-Spielen gefallen mir aus dem Blickwinkel einer Einzelperson definitiv mehr und im Prinzip sollte es in jeder größeren Fanszene ein bis zwei solcher Kladden geben.

Berichtet wird von 27 Spielen, die Kirsche im Zeitraum zwischen Mai und August 2011 besucht hat: Ein paar Rosinen des FC Schalke und des FC Twente, etwas Graupen aus dem Ruhrpott und eine lockere Balkantour zu den Freunden von Vardar Skopje als Höhepunkt. Immer mit eigenen Einschätzungen, bei Bedarf etwas Geschichtliches und insbesondere bei den Spielberichten in NRW nach hin und wieder typisch ruhrpottscher Fasson. Ab und zu werden Stimmen und Standpunkte der jeweils gesehenen Ultraszenen aus deren Infoflyern eingefügt, womit die Berichte auch von "offizieller" Seite praktisch und inhaltlich gefüllt werden.

Die S04-Heimspiele, die den Weg ins Heft finden, werden gerne mit einem kleinen Bierstandreport eröffnet, der aber eher sympathisch wirkt und sich vom oft ja üblichen Gegnerglotzen, -angreifen, -pöbeln und -dissen abhebt. Eine kleine Vorstellung der Pauli-Fanzines "Basch" und "Kiezkicker" sowie ein knapper Rückblick auf den Themenabend "Kennzeichnungspflicht für Polizisten" seien als weitere Rubriken genannt. Insgesamt eine richtig schöne, kleine Postille - fast schon zu sympathisch für Schalke. Insgesamt hat sie meine Erwartungen nicht übertroffen, aber allemal erfüllt. Wäre cool, wenn's nicht nur bei einer einmaligen Erscheinung bleibt.

Dienstag, 4. September 2012

Ultras Italien


Titel:  Ultras Italien, Bildband 1998-2006
Herausgeber:  Josef Gruber
Erscheinungsdatum: 2012
Seiten: 324, farbig
Preis: 14,90

Wo werden Fanzines in der Regel gelesen? Auf dem Klo, im Bett, auf Auswärtsfahrten und auf Reisen? Gerade wenn man unterwegs ist, wird man schnell abgelenkt. Beim 300. Wiener Derby oder beim fünften Mal Werder-HSV in einer Saison ist das nicht schlimm, aber bei dem vorliegenden Buch sollte man sicherstellen, dass man seine Ruhe hat. Man sollte die zahlreichen Fotos in Ruhe auf sich wirken lassen. Nur dann kann man eintauchen in eine Zeitreise durch die italienische Ultrakultur.

Auf über 300 Seiten dokumentiert Josef Gruber mit zahlreichen Fotos(über 1000) das Treiben auf den Rängen und in den Straßen Italiens. Ein Zeitraum von insgesamt acht Jahren wird beleuchtet, beginnend Ende der 90er. Ein reiner Bildband ist „Ultras Italien“ allerdings nicht. Eingangs lernen wir den Fotografen, der Anhänger von Rapid Wien ist, persönlich kennen. Ein weiteres, kürzeres, Interview mit den Freak Boys Ternana. Die Freunde der Bergamaschi stehen Rede und Antwort und beantworten Fragen zur Vergangenheit und zum aktuellen Geschehen in Italien. Im Verlauf des Buches gibt es immer mal wieder zu bestimmten Spielen Texte, Gruppenvorstellungen und Erklärungen von Aktionen sowie Spruchbändern.

Allerdings stechen die Bilder hier besonders heraus. Im Internetzeitalter kann man sich zwar in Bruchteilen von Sekunden Fotos aus sämtlichen Kurven ansehen und begutachten, aber ein Stück Papier in den Händen ist doch mehr, als der größte TFT-Bildschirm. Ich kann nur empfehlen, die knapp 15,- in die Hand zu nehmen und sich dieses Stück Zeitgeschichte ins Regal zu stellen. Falls möglich, sollte man diese Reihe unbedingt fortsetzen. Ein Bildband aus den 80er Jahren bis hin zu den frühen 90er Jahren wäre wahrscheinlich noch spektakulärer.