Mittwoch, 17. Juni 2015

Jottwede #3

Titel: Jottwede 3
Herausgeber: Mitglieder des Wuhlesyndikats (Union Berlin)
Erscheinungsdatum: April 2015
Seiten: 124
Preis: 3 €

Die dritte Ausgabe Ausgabe des Groundhopping-Heftes aus der Köpenicker Ultrasszene erschien ziemlich genau anderthalb Jahre nach dem Debüt, womit der halbjährliche Turnus der Berliner stabil gehalten werden kann. Stabil ist auch die Tacker- bzw. die - ums fachsprachlich auszudrücken - Rückdrahtbindung, die dank des deutlich dickeren, aber stets elastischen Umschlags auch nach der x-ten "Rollung" des Heftes die 124 Seiten einwandfrei zusammenhält. Inhaltlich werden Reiseberichte aus 20 Ländern zusammengekratzt, die Landkarte (ich finde ja, es müsste viel öfter Karten in solch Heften zur Veranschaulichung der Wege oder Ziele geben) auf der zweiten Seite gibt da im JWD immer einen schönen Überblick.

Südamerika habe ich mir als erstes reingezogen, da ich von dort schon länger nichts mehr gelesen habe und ich mich dieser Kontinent nach wie vor ungemein reizt. Endlich mal wieder was aus Buenos Aires, wo sich zeitweise sieben Unioner trafen und fast jeder mal an die Schreibmaschine durfte. Durchweg gut wiedergegeben, zahlreiche Geschichten innerhalb der Geschichte (Stichwort Spielbesuch in Dock Sud) und ohne maßlos übertriebene Tifo-Lobhuddelei. Sonderlob fürs Busfoto mit den etwa 40 Hinchas von Union de Santa Fe auf'm Dach.

Wie immer gesellen sich mehrtägige Touren nach Italien, über den Balkan oder nach Polen und Weißrussland. Interessant muss die Nachtzugfahrt von Bukarest nach Sofia gewesen sein... Oder wie würdet ihr die Situation einschätzen, wenn zwölf Deutsche aus unterschiedlichsten Szenen sich das erste Mal in einem Wagon auf kleinstem Raum gegenübersitzen? Auffällig die immer mal wiederkehrende Betonung, wenn mal nicht ein Knaller besucht wurde. Ist mir ehrlich gesagt auch schon passiert, dass ich sowas mit leichtem Rechtfertigungsdrang geschrieben habe, aber ich find's ehrlich gesagt gut und authentisch, wenn eben nicht ständig und fortwährend von den Clasicos und Derbys berichtet wird, sondern eine Kurve im "Alltag" beurteilt wird. Ist aber auch echt nur ne Mini-Bemerkung.

Die Positiv-Erscheinungen überwiegen bei Weitem, so etwa der Libanon-Bericht, der mit einer frischen Schreibe in ein Land eintaucht, aus dem man nun auch noch nicht so viel gelesen hat. Wohlgemerkt aus einer Krisenregion, was Kampfhandlungen zwischen Sunniten und Hisbollah am Nationalstadion verdeutlichen. Interessanterweise kommt der Bericht von einer Autorin, was in der hiesigen Fanzine-Landschaft ja schon leider die Ausnahme darstellt (ich erinnere mich an Verena im Daggl und Linda in der Beziehungskiste, beide haben aber schon länger nichts mehr zu Papier gebracht). Gerade in einem muslimisch geprägten Land kommen so natürlich nochmal ganz andere Wahrnehmungen zutage.

Fast genauso gut ist der Marokko-Bericht. Dank Ryanair und easyJet inzwischen ja deutlich einfacher zu erreichen, was den Report dank seiner tollen Tour, den aussagekräftigen Fotos und flockigem Schreibstil aber dennoch keineswegs schmälert. Kurz und knapp: Richtig gutes Heft. Kaufen!

STS